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Unabhängig immer, neutral nimmer

.. gut, dieser Spruch ist nicht von mir, sondern aus dem Lucky Luke-Heft Daily Star. Die Frage stellt sich aber wirklich, ob die Medien ihrer Verantwortung gerecht werden in dem sie absichtlich oder unabsichtlich einseitig berichten. Mittelbar sind die Menschen das zwar selbst schuld weil die Zeitungen ja nur das drucken was die Menschen anscheinend auch lesen wollen. Auf der anderen Seite gibt es aber tonnenweise Vorschriften die eben dafür gemacht sind die Menschen vor sich selbst zu schützen.

Artikel im Trierischen Volksfreund vom 14.05.2020
Artikel im Trierischen Volksfreund vom 14.05.2020

Dieser Artikel reiht sich in die "Atomkraft - ja bitte!" - Serie ein die ich hier mal angefangen habe. Und dieser Zeitungsartikel zeigt sehr schön, dass die Redaktion mehr oder weniger subtil hier Stellung bezieht und den Leser beeinflusst. Und meiner Erfahrung nach lassen sich sehr viele Menschen subtil beeinflussen, nur bei hardcore INTJ ist das deutlich schwieriger. Schon alleine die Auswahl des Titelbildes: Keine Ahnung wo das Bild gemacht worden ist, aber es wird wohl nicht in Mitteleuropa sein - soweit ich weiß, gibt es keine Landschaft die so stark verstrahlt wäre dass man Warnschilder aufstellen müsste. Und auch wenn man ein Endlager baut werden oberirdisch keine Warnschilder stehen. Weil da nichts strahlt.

Nächster Punkt redaktioneller Beeinflussung: Dieses Thema so breit aufzuziehen - in dem Fall über alle sechs Spalten mit dem großen Bild, in der Hauptausgabe auf Seite drei. Wenn man da eine Anzeige in der Größe schalten wollte würde das richtig viel Geriebenes kosten. Und wenn wir dann in den Text einsteigen wird es sogar noch schlimmer. Im wesentlichen zitiert Herr Wientjes aus aus der Umweltverträglichkeitsprüfung. Das bedeutet aber nicht dass diese auch neutral wäre, denn hinterfragt werden diese Aussagen nicht und richtiggestellt auch nicht. Und wie ich unten zeige, kann er es auch nicht lassen und eine eigene Falschaussage hinterherzuschieben. Und das ist eben Leserbeeinflussung 101.

Aber zu den Falschaussagen im Einzelnen:

Die hochradioaktiven Abfälle müssten für einige Hunderttausend Jahre bis zu einer Million Jahre eingeschlossen und isoliert werden

Das ist physikalisch betrachtet Käse. Je stärker ein Isotop strahlt, desto schneller zerfällt es auch. Außerdem gibt es eine Reihe von Elementen, die einen vollkommen natürlichen Anteil von radioaktiven Isotopen haben und deshalb auch radioaktiv sind. Kalium zum Beispiel, enthalten in der berühmten Banane, besteht zu 0,01% aus Kalium-40, was nach einer Milliarde Jahren zur Hälfe zerfallen ist. Das ist nicht viel, aber messbar. Oder krasse Fälle wie Indium, enthalten in der Speicherschicht von CD-RWs: Da ist das radioaktive Isotop sogar häufiger als das stabile. Oder Kohlenstoff-14: Das wird ständig durch die kosmische Strahlung neu gebildet und ist mit 5.700 Jahren Halbwertszeit sogar sehr aktiv, allerdings nur in sehr kleinen - aber messbaren - Spuren in aller lebenden Materie enthalten. Kurz und gut: Hochradioaktive Abfälle sind schon nach ein paar hundert Jahren nicht mehr hochradioaktiv. Selbst in Tschernobyl ist in den 34 Jahren nach dem Unglück die Radioaktivität schon so weit abgeklungen dass eine Art bizarrer Freizeitpark da entsteht den man betreten kann ohne langfristige Schäden befürchten zu müssen. Je nach Definition müsste übrigens auch die Asche aus Kohlekraftwerken als radioaktiver Müll entsorgt werden - da sind einige schwere und radioaktive Spurenelemente vorhanden. Und über die Möglichkeit, über Wiederaufarbeitung und Transmutation bzw. Spaltung die Menge und Langlebigkeit des Mülls nochmal deutlich zu reduzieren habe ich auch schon geschrieben.

Angeblich sind die Umweltauswirkungen des Lagers "sehr begrenzt".

Dazu braucht man eigentlich gar nichts mehr zu sagen. Wie oben gesagt, ist die Umweltverträglichkeitsprüfung von ihren Aussagen sehr konservativ. Wenn jetzt der Redakteur deren Fazit dann auch noch kommentiert mit "angeblich", dann ist das ein schwerer, schwerer Fauxpas und offene Meinungsmache was sich für ein seriöses Blatt nicht gehört.

Infolgedessen wird es aufgrund der Freisetzung der radioaktiven Stoffe in den natürlichen Barrieren zu radiologischen Folgen im tiefen Untergrund kommen.

Und der Redakteur ergänzt:

Mit anderen Worten: Es werden radioaktive Belastung der Erdschichten um das Lager erwartet.


Die anderen Worte sind - mit Verlaub: Falsch. Im Bereich der radioaktiven Stoffe gibt es keine Erdschichten, das ist völliger Käse. Ja, über geologische Zeiträume können die Stoffe in das angrenzende Gestein migrieren - ein paar Meter weit. Deshalb wendet man ja eine solche Sorgfalt bei der Endlagersuche auf, damit diese Geschwindigkeit auch über geologisch lange Zeiträume klein bleibt. Und deshalb war das Endlager Asse ja so eine furchtbar miese Idee weil da Wasser durch den Salzstock läuft und das ist ein super Transportmittel für alles was man eben nicht transportiert haben will. Der Ursprungssatz bedeutet eigentlich nicht mehr, als dass sich das Material um die Behälter durch die Strahlenexposition geringfügig verändert, denn ionisierende Strahlung hat nun einmal die Eigenschaft Molekülbindungen aufbrechen zu können. Ein Plastikkanister wäre deshalb eine schlechte Idee, macht aber deswegen auch keiner. Und übrigens: Der Satz ist nicht nur sachlich, sondern auch grammatikalisch falsch: es müsste heißen: "radioaktive Belastungen".

Das Fazit ist also wie immer: Einen erfolgreichen Systemwandel hin zu klimaneutralen Energiequellen wird es nicht geben, solange die öffentliche Meinung von solchen Leuten offen beeinflusst wird und damit eine vielversprechende Technik durch Negativpropaganda verhindert wird.

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