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Komet Neowise

Der Komet Neowise tauchte jetzt schon ein paar Mal in den Nachrichten auf. Leider war das Wetter bislang durchweg bewölkt so dass sich mein Interesse daran stark in Grenzen hielt. Im Hinterkopf hatte ich das dann aber doch, schließlich habe ich mich seit jeher für Astronomie interessiert und vor einiger Zeit auch aktiv betrieben.

Komet Neowise
Komet Neowise am 21. Juli 2020, man sieht den geraden Gas- und den gebogenen Staubschweif, 200 mm Brennweite, f2.8, ISO400, 120 Sekunden belichtet

Ich weiß nicht, welche Kinder sich früher in den Versandhauskatalogen die Finger nach den Teleskopen geleckt haben, ich gehörte jedenfalls dazu. Als Jugendlicher hatte ich auch mehrere Exemplare eines Jahrbuchs "Das Neue Universum" und da war auch ein Artikel über Amateurastronomie mit einem Celestron C8, ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit 20 cm Öffnung und 160 cm (f/8) Brennweite. Vor ungefähr 15 Jahren habe ich mir dann tatsächlich auf ebay ein Vixen Newton-Spiegelteleskop mit 15 cm Öffnung und 60 cm Brennweite (f/4) gekauft und ich habe dann auch versuche mit Astrofotografie gemacht. Damals hatte ich noch keine digitale Spiegelreflexkamera und Astrofotografie auf Analogfilm ist ein enormer Aufwand. Ich hatte aber recht gute Resultate mit Okularprojektion auf eine Digital-Kompaktkamera. Da war die maximale Belichtungszeit zwar auf 15 Sekunden beschränkt und die Empfindlichkeit war auch eher bescheiden (die Canon G5 anno 2004 ging bis ISO 400), aber für Sternhaufen und den Orionnebel hat es gereicht, außerdem reicht es bei dieser Belichtungszeit noch, die Nachführung einfach so laufen zu lassen. Ich kann mich noch gut daran erinnern wie ich wie Rumpelstilzchen vor Freude umhergehüpft bin als ich die Bilder vom Orionnebel im Kameradisplay gesehen habe.

Orionnebel
Orionnebel 4. Februar 2005, Canon G5, ISO400, 15 Sekunden f/2

Dazu muss man auch wissen, dass meine eigenen Augen nicht die Besten sind, vielleicht auch wegen der starken Kurzsichtigkeit, auf jeden Fall habe ich optisch nicht so viel von den meisten Objekten weil man mit beim Orionnebel vielleicht zwei grüne Schleier sieht. Deshalb also der Hang zur Astrofotografie. Als ich dann ein paar Jahre später die 60D hatte, habe ich mein Equipment nochmal deutlich upgegradet und mir ein ordentliches Sucherfernrohr (61 mm, 250 mm Brennweite) gekauft, denn das Finden der Objekte war immer das größte Problem. Außerdem eine CCD-Kamera und eine Barlowlinse. Im Prinzip war ich dann bei dem "enormen" Aufwand der Astrofotografie. Anders als bei der Kompaktkamera, wo man durch ein Okular fotografiert, kann man mit einer Spiegelreflexkamera das Teleskop selbst als großes Objektiv verwenden, in dem Fall also ein 600 mm f/4 oder 1200 mm f/8 mit einem 2x Konverter.

Für alle die es nicht wissen: Der Nachthimmel dreht sich um den nördlichen Himmelspol, der in der Nähe des Polarsterns liegt. Das ist zwar mit bloßem Auge nicht direkt wahrnehmbar, im Laufe einer Nacht sieht man aber wie analog zur Sonne die Sternbilder im Osten aufgehen und im Westen untergehen. Bei einer entsprechenden Brennweite im Teleskop würde ein Objekt innerhalb von kürzester Zeit aus dem Bildfeld wandern, deshalb hat man eine parallaktische Montierung deren Achse zum Himmelsnordpol zeigt und das Teleskop dreht sich mit Hilfe eines kleinen Motors synchron mit. Für die visuelle Beobachtung ist das ausreichend und wie oben beschrieben für kurze Belichtungszeiten auch und bei der Digitalfotografie kann man auch eine Menge kurz belichteter Aufnahmen übereinanderstapeln. Dabei gleichen sich die leichten Abweichungen aus, die über die Zeit trotz der Nachführung entstehen.

Im Zeitalter der Analogfotografie bedeuteten lange Belichtungszeiten, dass man einen ziemlich großes Leitrohr parallel zum Teleskop montiert hat und dann während der Belichtung von Hand den Leitstern im Fadenkreuz gehalten hat. Man stelle sich vor, das über Stunden zu machen ... die Technik hat aber Fortschritte gemacht und ich konnte 2012 dann mit dem aufgemotzten Sucherfernrohr (mit der Barlowlinse konnte ich die Brennweite auf 500 mm vergrößern), einem Schrittmotor an der zweiten Achse (die Achse parallel zur Himmelsachse ist die Rektaszension, die rechtwinklig dazu die Deklination) meinem Netbook, der CCD-Kamera und der entsprechenden Software die Nachführungskorrektur vom Computer machen lassen und dann deutlich länger am Stück belichten (die Langzeitbelichtungen macht man auch über die EOS Software vom PC aus). Es artet also trotzdem in einer Materialschlacht aus, aber damit konnte ich Bilder wie dieses vom Hantelnebel machen und derweil im Auto sitzen und ein Buch lesen.

Hantelnebel M27
Hantelnebel M27, fotografiert am 18.08.2012, aufaddiert 22 Belichtungen zu 180 Sekunden und 18 Belichtungen zu 300 Sekunden, ISO1600 und f/8 (1200 mm Brennweite).

Mit der Ausrüstung sieht der Orionnebel dann übrigens so aus:

Orionnebel
Orionnebel am 19. März 2012, 20 Belichtungen zu 30 Sekunden, 10 Belichtungen zu 15 Sekunden und 6 zu 2,5 Sekunden, ISO1600 und f/4

Ich hatte das also alles noch irgendwo im Hinterkopf als ich von Komet Neowise gelesen habe. Als ich dann gesehen habe dass die Nacht wahrscheinlich klar wird habe ich dann in höchster Eile das ganze Equipment reaktiviert. Das Problem ist, dass das damalige Netbook unter 32bit und Windows 7 lief. Es existiert zwar noch (ich benutze es für die CNC-Steuerung), der Akku ist aber hin. Bis ich dann die richtigen Treiber und Versionen der Nachführsoftware auf dem neuen Netbook zusammen hatte (mit mehr Glück als Verstand konnte ich tatsächlich einen 64bit-Treiber für die schon seit Jahren nicht mehr lieferbare CCD-Kamera finden) war es schon dunkel und ich habe die Sachen auf der Terasse probehalber zusammengebaut und getestet und voila, es funktionierte doch tatsächlich und ich wusste noch wie. Weil der Zusammenbau mit den verschiedenen Kombinationen mit Distanzringen etc. und dem Ablauf sehr kompliziert war, hatte ich das praktischerweise in einer Textdatei festgehalten, nur bei der Software und den Treibern hatte ich das unterlassen und das hat mich Stunden gekostet.

Ich also alles ins Auto geladen und die paar Kilometer auf den nächsten Höhenzug gefahren. Dabei hat mir auch geholfen, dass sozusagen alles noch so war wie ich es weggeräumt hatte, das ganze Zubehör alles in einem großen Wäschekorb inklusive von so Sachen wie Picknickdecken als Untergrund (niemand will im Dunklen schwarze Objektivdeckel im Gras suchen gehen). Und ich muss sagen, dass ich ziemlich großes Glück hatte, die Nacht war nicht nur klar, sondern auch sehr dunkel, man konnte mit bloßem Auge das Milchstraßenband über den ganzen Himmel verfolgen. Meine Kenntnis der Sternbilder war natürlich eingerostet, aber wenn man Probleme hat den kleinen Wagen zu finden weil einfach viel zu viele Sterne in der Richtung sichtbar sind dann ist der Himmel wirklich gut. Unter durchschnittlichen Bedingungen sieht man selbst hier am Arsch der Welt in dieser ländlichen Gegend von den sieben Hauptsternen des Sternbildes nur die drei hellsten.

Das war auch gut so, denn der Komet stand recht tief am Nordhimmel und mit bloßem Auge konnte man ähnlich wie bei den Plejaden in der Richtung irgendwas sehen wenn man nicht genau drauf geschaut hat, aber keine Details. Ich habe also alles zusammengebaut, so gut wie möglich ausgerichtet (ein Wunder wenn man nach 8 Jahren noch weiß wie man den Polsucher einstellt, der aber auf das Jahr 2000 justiert ist, ähm...), dann das Teleskop auf das irgendwas grob ausgerichtet. Weil das irgendwas recht groß war, habe ich einfach mein 70-200 Sigma f2.8 Teleobjektiv an die Kamera geschraubt und das ganze Huckepack auf das Fernrohr montiert. Die arme Montierung ... soviel Gegengewicht habe ich gar nicht und das ganze war alles andere als ausbalanciert. Ich also Pi mal Daumen 120 Sekunden bei f2.8 und ISO 400 belichtet und voila, das Bild oben war fertig. Genauer gesagt habe ich natürlich mehrere Aufnahmen gemacht und dabei die Schärfe etwas variiert, das Hauptproblem bei der ganze Sache ist nämlich, dass wenn dann nur die hellsten Sterne im Kameradisplay sichtbar sind und in der Gegend gab es keine, ich musste das also blind machen.

Und weil ich dabei war, habe ich noch den südlichen Abschnitt der Milchstraße fotografiert. Man sieht hier auch leider das Problem, dass der Horizont sehr hell ist. Ich weiß jetzt nicht genau, ob das noch der letzte Rest der Dämmerung war, selbst drei Stunden nach Sonnenuntergang, oder die obligatorische Lichtverschmutzung. Die beiden hellen Sterne links unten sind übrigens Jupiter und Saturn.

Sommermilchstraße
Sommermilchstraße, fotografiert am 21. Juli 2020, 10 mm Brennweite, f/3.5, ISO1600, 120 Sekunden

Das ist dann auch das Problem warum ich die Sache nicht mehr intensiv verfolgt habe. Im Sommerhimmel gibt es nur sehr wenige fotogene Objekte. Im Sternbild Schütze zwar einige, aber das liegt im aufgehellten Bereich und schwache Gasnebel sind da überhaupt nicht mehr sichtbar, selbst bei dem Komet hätte längere Belichtung nicht viel gebracht weil der Schweif so schon sehr schwer vom Hintergrund zu trennen war. Am Winterhimmel gibt es zwar mehr in Richtung Galaxien, aber das ist halt Winter und da kommt zu der ganzen Materialschlacht noch Taschenöfchen und beheizte Schuhsohlen und selbst damit wird das sehr, sehr schwer mehr als zwei Stunden durchzuhalten wenn sich auf allen Metallteilen die man weglegt Raureif bildet ...

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Christine am :

Wunderschöne Fotos!

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