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ISTP und ein Dolchstoß

16personalities.com hat diese schöne Grafik als Sinnbild für den ISTP-Persönlichkeitstyp:

INTP Personality Type from 16personalities.com

und ja, viele Handwerker gehören zu dieser Gruppe. So auch mein Montagechef, wobei er auch ein ESTP sein kann, der Unterschied spielt aber im weiteren keine große Rolle. Jedenfalls wiederholt sich die gleiche Geschichte immer wieder, die mich als INTJ schon mein ganzes Leben lang begleitet: Von anderen Menschen enttäuscht zu werden. Nachdem unser langjähriger Subunternehmer seinen Betrieb aufgegeben hat und einem kurzen katastrophalen Intermezzo mit einer anderen Montagefirma konnten wir seinen Vorarbeiter davon überzeugen, bei uns als Montagechef anzufangen. Und ich habe ihm alles gegeben was er wollte, angefangen von dem Stundenlohn bis hin zum Fahrzeug für den Weg zur Arbeit inklusive Benzin und allem. Nachdem es ja so schwierig ist, gute Handwerker zu finden hat man eigentlich auch keine Wahl wenn man jemanden hat und ihn halten will.

Ein Problem hingegen hat sich schon damals angekündigt: Niemand der mal mit ihm montiert hat wollte mit ihm zusammenarbeiten. Mir blieb also nichts anderes übrig als zwei Quereinsteiger einzustellen. Der eine hat dann nach einem Jahr hingeschmissen und nach einer ziemlich verkrampften Aktion inklusive eines Marokkaners den ich nach ein paar Tagen wieder hochkant hinauswerfen musste habe ich dann einen ziemlich fleißigen Rumänen bekommen der zwar auch kein gelernter Küchenmonteur ist aber seine Sache wohl gut macht. Ich habe dann gehofft, nach den ganzen Problemen endlich die Firma mal in ruhiges Fahrwasser steuern zu können und damit mal halbwegs normale Arbeitszeiten zu bekommen, von Urlaub wollen wir erst gar nicht reden.

Was mich aber auch gewundert hat: Warum können meine Quereinsteiger nach einem Jahr immer noch nicht richtig selbstständig arbeiten? Ich wollte die eigentlich ein paar Monate lang anlernen und dann das Team teilen, also zwei Mann auf Küchenmontage und einen bei Bedarf auf Reklamationstour schicken, das zweite Auto habe ich ja schon länger. Dafür gibt es im Prinzip zwei Erklärungen: Entweder bekommen sie es einfach nicht hin, oder mein Vorarbeiter ist kein guter Lehrer. Und das wird noch eine Rolle spielen.

Jedenfalls kam dann Corona und ich habe meine moralische Verpflichtung meinen Mitarbeitern gegenüber sehr ernst genommen. Sehr viele Firmen und Konzerne haben den staatlichen Geldsegen genutzt und ihre Leute einfach in Kurzarbeit geschickt, wenn man die Personalkosten schon geschenkt bekommt ... ob die dann einen spürbaren Einkommensverlust haben ist den Bossen ja reichlich egal. Und jetzt gibt es überall Lieferprobleme weil die im Frühjahr ausgefallene Produktion jetzt fehlt und das hätte man sich wirklich denken können. Ich hingegen habe mit meinem Vorarbeiter gesprochen und habe erstmal negative Überstunden gemacht: Sie blieben bei vollem Lohn zu Hause. Er hat mir dann versprochen: "Wenn im Herbst die ganzen Baustellen dann fertig werden dann können wir auch Sechs-Tage-Wochen machen". Bis auf zwei Wochen im Juni konnte ich tatsächlich auf Kurzarbeit verzichten.

Jetzt wird es Ende August und wie vorhergesehen ist die Montageplanung bis in den November hinein voll. Und was schlägt dann wie eine Bombe ein: Mein Vorarbeiter gibt mir seine Kündigung zu Ende September. Er würde die Branche wechseln und als Gemeindearbeiter (also Straßenkehrer ...) arbeiten und ein Grund dafür wäre, dass er seinem Team immer hinterherarbeiten müsste und niemanden auf Augenhöhe hätte. Ziemlich fadenscheinig oder dumm. Die Tarifverträge im öffentlichen Dienst sind ja einsehbar und dort bekommt er niemals das was er bei uns bekommen hat. Und - siehe oben - für seine Untergebenen ist er ja selbst verantwortlich, ich hatte ihm von Anfang an die Möglichkeit gegeben, selbst welche anzuwerben was aber nicht geklappt hat (spricht übrigens für ISTP). Und am Verhältnis zum Chef (also mir) kann es auch nicht gelegen haben, denn ich habe ihm praktisch absolute Freiheit gegeben seine Abteilung so zu führen wie er es will, solange es nachher keine Kundenreklamationen gibt. Ansonsten hatten wir nur dann Kontakt wenn sie von einer Tour zurückkamen und er zu einer "Besprechung" (Kaffee-Selbstbedienung inklusive) in den Laden kam, während seine Untergebenen das Auto aufräumen und laden mussten.

Und dass die unterstellten Mitarbeiter nicht das machen was sie sollen: Herzlich willkommen in der Wirklichkeit, das geht mir dauernd so, egal ob es eigene Leute sind oder Fremdfirmen, das ist eben die Verantwortung die heute anscheinend keiner mehr haben will. Und wenn ich dann eine von uns montierte Küche abnehme und das am Besten mit meinem Werkzeugtransporter mache weil ich dann direkt immer wieder die gleichen Sachen nacharbeiten kann, dann muss ich ihm das schließlich auch sagen.

Rechtlich mag das zwar vielleicht in Ordnung sein, ich will meine Mitarbeiter nicht gängeln und ihnen lange Kündigungsfristen in die Verträge schreiben. Menschlich ist das aber unterste Schublade, denn er weiß genau dass ohne ihn hier alles zusammenbricht und so eine Aktion einer ganzen Firma und damit allen Mitarbeitern den Todesstoß geben kann. Was nützt es mir wenn der Verkauf bestens läuft wenn man die Ware nicht montiert bekommt? Aber das ist halt typisch für ISTP: Im Prinzip sind es totale Egoisten, die nur auf ihren eigenen kurzfristigen Vorteil schauen und alles andere ist ihnen egal. Loyalität gibt es bei diesem Typ einfach nicht (Trump dürfte auch so einer sein). Um es mit Jung'schen Funktionen zu sagen: Die Kombination aus Extroverted Sensing und Introverted Thinking. Loyalität verlangt ja einen gewissen Weitblick, dass man kurzfristig Nachteile in Kauf nimmt um durch eine langfristige Beziehung dann am Ende gemeinsam zu profitieren. Und die Aussage vom Frühjahr war dann wohl "Geschwätz von gestern", denn wenn man jemandem was erzählt um jetzt zu profitieren muss man das ja nicht wirklich einhalten wenn es irgendwann mal doch dazu kommt ...?!

Es spricht für den außergewöhnlichen weitblickenden Realismus eines INTJ, dass ich auch diese Hürde (hoffentlich) umschiffen kann. Da es ja keine arbeitslosen Küchenmonteure gibt ist es aussichtslos, dass ich am 1. Oktober einen Ersatz habe. Aber als Tausendsassa kann ich schließlich auch selbst montieren und muss dann eben selbst ran. Vielleicht hilft bei dem nun dienstältesten Angelernten der Stoß ins kalte Wasser, ich habe mal so geplant dass ich nur zweitweise auf den Baustellen bin, da es wie befürchtet jetzt eben ganz dick kommt und ich gleichzeitig umsatzstärkster Verkäufer, Manager und Servicemonteur sein muss. Die ruhige Zeit mit normalen Arbeitszeiten ist jedenfalls vorbei und die Doppelschichten die ich glaubte hinter mir gelassen zu haben sind wieder da. Erstaunlich wie einfach man von um die fünfzig wieder auf neunzig Wochenstunden (also Freizeit gestrichen) umschalten kann und was man in der Zeit, verglichen mit "normalen" Angestellten alles geleistet bekommt. Aber wie isst man einen Elefanten? In kleinen Scheiben. Wenn man also einen riesigen Haufen von Problemen hat teilt man diesen auf und löst die Teile eben einzeln nacheinander. Von den ganzen Stellenanzeigen gab es eine einzige Reaktion und dieser Mann hat zumindest mal Küchen montiert, also habe ich ihn direkt zum 15. Oktober eingestellt, ich muss also nur zwei Wochen überbrücken wenn ich denn ausnahmsweise mal Glück habe und das so neu zusammengestellte Team dann ohne mein Zutun funktioniert, jedenfalls zumindest mal bei der Montage. Die Montageplanung die mein Vorarbeiter auch gemacht hat kann ich zur Not auch selbst machen.

Man kommt in solchen Situationen einfach an einen Punkt wo es unmöglich ist, alles vorauszusehen und vorherzuplanen. Es gehört ja zum Stereotyp, dass INTJ immer einen Plan B und C haben, aber das ist eben auch alles nicht starr. Man überlegt sich, welche Szenarien in der Zukunft eintreten können und überlegt sich die dafür notwendigen Maßnahmen. Das ist aber alles nicht linear, sondern eher modular und damit flexibel. Schließlich können Teile von dem was man sich zuerst überlegt hat funktionieren und bei anderen Teilen muss man dann auf die Alternativlösungen zurückgreifen. Die Verantwortung lastet natürlich schon schwer, aber schlussendlich kann man sich auch einfach daran festhalten dass man nur ein einzelner Mensch ist. Was selbst mit maximalem Einsatz und maximaler Effektivität nicht geht, geht dann eben nicht. Wie ich hier an anderer Stelle schon mal geschrieben habe, gehören zum Wollen immer zwei und auch wenn es einer meiner stärksten Grundsätze ist meinen Teil von Vereinbarungen fristgerecht und vollständig einzuhalten so gibt es auch einfach einen Punkt wo es einfach nicht mehr geht und sich die andere Seite dann auch bewegen muss.

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Kommentare

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Wer auch immer am :

Es war wirklich eine gute Idee, diesen Blog zu beginnen:
- Er ist viel billiger als ein Seelsorger.
- Niemand gibt hier einen wertvollen Rat.
- Wer auf anderem Weg mal einen wertvollen Rat gegeben hat, kann hier brühwarm nachlesen, wie recht er hatte und warum er sich definitiv nicht nochmal die Mühe machen braucht.

Eine echte win-win-Situation für alle Beteiligten.

Stephan Brunker am :

Interessanter Kommentar, der aber einige Rätsel menschlicher Psyche aufwirft. Warum postet man einen anonymen Kommentar, wenn man den Verfasser sowieso leicht erraten kann? Das ist ungefähr so intelligent wie der Zug von Donald Trump (auch so ein ISTP/ESTP), die Auszählung per Eilantrag stoppen zu lassen während Biden führt. Und wenn ich mich recht erinnere, enthielt der wertvolle Kommentar einen großen Anteil des "Delegierens". Hier kann man in der Tat brühwarm nachlesen, dass das den entscheidenden Nachteil hat, sich auf denjenigen verlassen zu müssen dem man die Aufgabe anvertraut hat. Wie der Verfasser des Kommentars selbst hat feststellen müssen, sitzt man ganz schön in der Tinte wenn man etwas abgibt und derjenige macht das dann entweder gar nicht oder falsch oder nützt es aus.

Und was ich nicht verstehe: Wenn ich nicht mehr gut auf jemanden zu sprechen bin, dann ignoriere ich diese Person einfach. Mache ich mit meinem Ex-Monteur jetzt auch und ich nehme ihn auch nicht wieder zurück. Nützt nichts sich über verschüttete Milch aufzuregen. Auf jeden Fall lese ich dann keine ellenlangen Pamphlete dieser persona non grata nur um mich dann wieder aufzuregen. Das ist für mich irgendwie sinnfreie Hassliebe, aber siehe oben: Menschen sind halt sehr, sehr verschieden ...

Und ja, es hilft tatsächlich ein Tagebuch zu schreiben und so was zu verarbeiten indem man es niederschreibt. Ob das nun jemand liest oder nicht ist im Prinzip furzegal. Mit der einen Ausnahme: Wenn jemand mit einer ähnlichen Persönlichkeit auf dieses Tagebuch stößt, dann sieht er, dass seine Probleme und Herausforderungen die gleichen sind wie die des Verfassers und das hilft auch, vor allem wenn das Gefühl sonst niemand so teilen kann weil man eben zu dieser 1% - Gruppe gehört und 99% mit Deiner Denkweise nichts anfangen können ...

Christian am :

Dein Blogpost ist für mich als INTJ, der in einer Beziehung mit einer ISTP ist, sehr aufschlussreich.
Ich höre jeden Tag eigentlich "meine Unabhängigkeit", "meine Freiheit", "meine Bedürfnisse". Wenn man sich selbst aufopferungsvoll kümmert ist die Reaktion lediglich eine gewisse Angst man erwarte jetzt etwa eine Gegenleistung. Der neueste Knaller, den sie sich geleistet hat war ihr Entschluss sich mal eben eine eigene Wohnung zu suchen, nach 3 Jahren des Zusammenlebens. Ohne die geringsten Bedenken oder Rücksicht wie es dem Partner wohl dabei geht. Du hast vollkommen recht damit, dass dieser Persönlichkeitstyp ein massives Problem mit dem Konzept der Loyalität hat. Dass eine kurzfristige minimale Einschränkung der eigenen Ansprüche langfristig Vorteile durch eine stabile Beziehung bringt, ist diesen Menschen nicht vermittelbar. An ihren guten Tagen können es wunderbare Menschen sein, die einem auf ihre eigene, spezielle Weise unglaublich viel geben können, sogar Liebe und Zuneigung. Auch von Vorteil ist die Ruhe und Besonnenheit
die sie ausstrahlt. Sowie die Differenziertheit wie Zielgerichtetheit ihres Denkens und ihr Sinn für Ästhetik. Jedoch zahlt man einen schwer genau zu beziffernden, aber hohen Preis, wenn man eine langfristige Bindung mit so einem Menschen einzugehen versucht. Es stört mich, neben dem schier grenzenlosen Egoismus, auch diese selbstverständliche Anspruchshaltung, auf immer neue Erlebnisse und auf Perfektion in Äußerlichkeiten. Die Rastlosigkeit kann bisweilen erfrischend sein, wirkt aber oft anstrengend, da letztlich ziellos. Man hat das Gefühl dieser Mensch will ständig irgendwo hin, letztlich nur, um irgendwo anders zu sein. Dauernd etwas neues sehen, erleben zu müssen, als ob es nicht mal darauf ankommt wie man sich eigentlich fühlt und was genau man spürt, Hauptsache man spürt etwas neues, unbekanntes. Letztlich schadet sie sich durch ihr Verhalten in der Beziehung vor allem selbst. Denn sie profitiert unheimlich von dieser Beziehung in jeder Hinsicht und würde das auch umso mehr in Zukunft tun. Am Ende wird sie mich durch ihre Selbstsucht verlieren. Und dann wird sie diejenige sein, die es zutiefst bereut und mich vermissen. Leider erst, wenn es viel zu spät ist. Denn der Weitblick fehlt, um das jetzt (wo man noch etwas retten könnte) zu erkennen.

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