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Sigma vs. Alpha

eine Firma steht jetzt definitiv an einem Scheidepunkt - ob es eine Zukunft gibt oder nicht. Witzigerweise völlig anders als man das je vermutet hätte. Nicht Corona, nicht fehlende Umsätze oder unzureichende Gewinne (oder gar Verluste), sondern einfach das Personalproblem macht dem Laden wahrscheinlich den Garaus. Und auch da habe ich eine Theorie die Persönlichkeitseigenschaften dafür verantwortlich macht.

Kurz gesagt konnte ich die entstandene Lücke in der Auslieferung nur selbst schließen und muss jetzt nach drei Monaten feststellen dass mit dem vorhandenen Personal nichts zu machen ist. Sie sind einfach nicht in der Lage das abzuliefern was ich (und meine Kunden) von uns erwarten und ich kann das ja nicht auf die Dauer machen. Und mangelnde Fähigkeiten sind ja nichts was man Lernen kann. Fehlendes Wissen kann man sich aneignen, Sorgfalt und Intelligenz leider nicht. Der freie Stellenmarkt gibt nichts oder nichts besseres her. Und die letzte Möglichkeit besteht darin, gutes Personal von der Konkurrenz abzuwerben.

Und der Widerstand auf den man dabei stößt lässt ein paar interessante Schlussfolgerungen zu. Im Umkreis gibt es außer uns noch zwei weitere Geschäfte, die Küchen montieren. Nur das diese viel größer sind: wir sind - Familie eingeschlossen - acht Mitarbeiter, dort sind es 80 bzw. über 200. Und wir wissen, dass die Chefs dort richtige Alphas sind, die ihre Mitarbeiter autoritär behandeln. Da wird nicht aus der Reihe getanzt, sondern es gibt straffe Vorgaben und die werden auch befolgt. Wie ich im Artikel Sigma Alpha geschrieben habe, gibt es ja in der sozialen Hierarchie klare Rollen: Die Alphas sind die Anführer, die Betas alle die ihnen folgen, die Omegas machen es sich am unteren Ende der sozialen Leiter mit einer Scheißegal-Einstellung gemütlich und die Sigmas stehen außerhalb.

Das Problem ist einfach, dass wir als Inhaberfamilie alle Sigmas sind, keine Alphas. Zu dem Zeitpunkt wo mein Vater das Geschäft übernommen hat, war die Ausgangssituation für alle drei Betriebe in etwa gleich, nur dass zwei davon auf Expansion gesetzt haben und wir nicht. Und das ist einfach damit zu erklären: Die Verantwortung für ein solch großes Unternehmen wollen wir nicht. Aus meiner persönlichen Perspektive einfach gesagt: Das einzige was man dann als Chef noch tun kann und muss, ist Management. Das läuft aber meiner Persönlichkeit zuwider, ich bin ein Tausendsassa und habe eine Scanner-Persönlichkeit. Für mich spielt es eine sehr, sehr große Rolle, viele verschiedene Dinge machen zu können und genau das konnte ich ja all die Jahre lang machen. Vom Verkauf über IT und Programmierung, Küchenmontage, Metallbau, Buchhaltung, Rechtsberatung ... alles habe ich gemacht, dabei gelernt und es hat Spaß gemacht. Und eine Welt wo ich nur auf die reine Unternehmensführung beschränkt werde erscheint mir grau und öde.

Ich habe mir mit autoritären Chefs immer schwer getan und konsequenterweise habe ich meine Mitarbeiter auch nicht autoritär geführt. Eigentlich das Paradies für alle 68er. Ich habe jeden machen lassen und aus dem Hintergrund zugesehen und nur eingegriffen wenn es nötig war. Das Problem ist aber offensichtlich, dass so eine Situation zwar für jeden anderen Sigma das Paradies wäre, aber mit den Standard-normalen Betas nicht funktioniert. Ich habe auch immer geträumt, solche Menschen in die Finger zu bekommen wo eine Firma ein Team ist wo jeder annähernd gleichberechtigt auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet, aber solche Menschen gibt es praktisch nicht. Stattdessen hat der Mangel an Autorität dazu geführt, dass sich das Personal gemütlich eingenistet hat und es sich sogar erlaubt in den wenigen Fällen wo es tatsächlich klare Vorgaben gab diese zu ignorieren.

Und wenn ich die Reaktionen von den Menschen die wir versucht haben abzuwerben studiere, dann scheint ein solch autoritärer Führungsstil auch tatsächlich die Loyalität zu erzeugen die mit dem offenen Ansatz ausbleibt. Obwohl Sie mies und von oben herab behandelt werden, bleiben Sie ihrem Peiniger treu. Mit anderen Worten: Wenn man seine Leute herumkommandiert und von oben herab behandelt, lecken Sie dir die Schuhe und meinen das auch so, wenn man ihnen auf Augenhöhe entgegenkommt, spucken Sie dir auf den Kopf. Ein Paradoxon von Ursache und umgekehrter Wirkung, aber anscheinend menschliche Realität, anders sind die Beobachtungen nicht zu erklären. Besonders krasses Beispiel: Donald Trump und die trotz seiner offensichtlichen Unzulänglichkeiten ungebrochene Loyalität seiner Anhänger.

Vielleicht aber zu erklären, wenn man mit dem Kleinhirn denkt. Wenn man sich mit anderen halbnackten Wilden versammelt, wem folgt man eher: Dem großen, starken Kerl, der sich zum Anführer erklärt, allen Konkurrenten eins auf die Nuss gibt und dann herausbrüllt welcher fremde Stamm als nächster geplündert werden soll? Oder dem unscheinbaren Typ, der am Rand steht, sich das alles anschaut und eine kleine Gruppe von Spezialisten und anderen Außenseitern um sich schart? Für mich wäre die Antwort klar, aber so viel kann ich mich dann doch in andere Menschen hineinversetzen um nachvollziehen zu können warum die Mehrheit das macht was sie macht.

Und genau dieser Herdentrieb sorgt dann dafür, dass eine Firma Tesla wohl kein Problem haben wird die Stellen in der neuen Fabrik bei Berlin zu besetzen und wahrscheinlich sehr viel mehr Bewerber da sind als Jobs. Und auf der anderen Seite müssen wir wahrscheinlich schließen weil wir es nicht schaffen, zwei (2) ordentliche Küchenmonteure zu finden. Und das ganz einfach weil eine kleine Firma, bei der man seine eigenen Ideen einbringen kann, seine Abteilung eigenverantwortlich führen kann ohne vom Chef gegängelt zu werden, die flexibel und ohne innere Bürokratie auf Situationen reagieren kann einfach in den Augen der Zielgruppe ohne offensichtlich starken Anführer nicht vertrauenswürdig ist und die Sicherheit bietet die man in einer größeren Gruppe von Kollegen hat. Verdammter Herdentrieb ... wenn man das mit der Belagerung einer Burg vergleicht: Die Riesenarmee, die mit Belagerungsmaschinen versucht das Haupttor zu erreichen und aufzurammen hat sehr viel mehr Zulauf (und bleibt möglicherweise erfolglos), während die clevere Aktion einer kleinen Gruppe dazu geführt hat dass Chateau Gaillard durch den Aborterker erobert wurde ...

Und vielleicht noch was: Die CDU bekommt hier im Wahlkreis jedesmal die absolute Mehrheit. Was zeichnet diese Partei aus? In der ZEIT stand das mal: Die Partei hat eigentlich gar kein Programm, nur einen starken Anführer(in) und ein klares Ziel: Machterhalt. Der Rest ist verhandelbar. Und wird trotz dieser inhaltlichen Leere gewählt. Es darf ruhig spekuliert werden, ob eine bessere menschliche Gesellschaft dabei herauskäme wenn man die Außenseiter abspalten und für sich alleine werkeln ließe ...

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Kommentare

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Gewinnspiel - noch 15 Minuten am :

Lustig - hier im Kommentarfeld steht vorläufig "Was gibt es zu sagen?"
Tatsache ist wohl: Zu sagen gibt es eher nichts.
Unter "Homepage" Habe ich einen Link zu einem Gewinnspiel eingetragen. Das läuft in knapp 15 Minuten ab. Vielleicht ein Lesetipp für die Zeit nach der Firmenschliessung.
Guten Rutsch!

Gewinnspiel - noch 15 Minuten am :

https://facebook.com/unternehmercoach/posts/
Da ist der Beitrag mit dem aktuellen Gewinnspiel, der vorige Link führte auf dem Handy zum alten Gewinnspiel.

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