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Wir sind am Arsch

... und ich muss hilflos dabei zusehen, das ist das Schlimmste dabei. Wenn man sich Berichte zu Unfällen und Katastrophen ansieht, sind es nie einzelne Ursachen mit katastrophalen Folgen, sondern eine Reihe von Dominosteinchen, die nacheinander umgefallen sind. Die Trump-Anhänger feixen jetzt mit 9-0. Das war die einstimmige Entscheidung, Trump zur Wahl zuzulassen (und nicht einmal anzuzweifeln dass er an dem Putsch vom 6. Januar 2021 beteiligt war) und die Durchsetzung des 14. Verfassungszusatzes einem absolut handlungsunfähigen Parlament zu überlassen. Ich kann lapidar nur kontern mit 444 : 94. Das war die Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz, die Hitler den Weg zur Diktatur endgültig geebnet hat.

Damals wie heute heute haben die Checks and Balances stückchenweise dabei versagt den Untergang der Demokratie zu verhindern. Dabei bin ich ja nicht einmal unbedingt ein Freund der Wahldemokratie, aber in diesem Kontext geht es darum wofür die Demokratie eigentlich steht: für eine liberale, pluralistische, freiheitliche Gesellschaft. Und die ist in höchster Gefahr, Trump hat ja selbst schon angekündigt zumindest am ersten Tag "ein Diktator zu sein".

Man darf dabei nie vergessen das Diktaturen ja nicht für alle schlecht sind. Im Iran wird das sehr deutlich, bei der letzten Wahl dürfte die wirkliche Wahlbeteiligung (abzüglich ungültiger Stimmen) so um die 15-20% betragen haben. Wer im Iran gläubig, männlich und konservativ bis ultrakonservativ ist dem geht es dort wirklich gut. Genauso wie es im Dritten Reich vielen Menschen gut ging und erst recht wenn man Parteimitglied wurde. Man denke nur an "Kraft durch Freude". Aber wenn man Freigeist, Jude, Intellektueller oder sonst am gesellschaftlichen Rand war? - dann eher nicht. Oder in der DDR, in der Türkei ... das Prinzip gilt überall, bei allen Populisten: einer kleinen Clique geht es richtig gut, den Anhängern ziemlich (für den Rest sagt man ihnen einfach es geht ihnen gut und die glauben das blind) und dafür bezahlen diejenigen, die als Feindbilder gebrandmarkt werden.

Das ist die inhärente Schwäche einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft: diese versucht, jeder noch zu kleinen Randgruppe nicht auf die Füße zu treten und ermöglicht es dadurch erst den Radikal-Populisten an die Macht zu kommen. Indem man sie selbst dann nicht stoppt wenn sie gegen geltende Gesetze verstoßen, aus falsch verstandener Rücksichtnahme. Umgekehrt? Keine Hemmungen. Trump bezeichnet sich ja selbst gerne als Opfer einer politisch motivierten Hexenjagd, aber Hillary Clinton hätte er sofort und ohne Verhandlung eingesperrt ("lock her up"). Das ist ein 1A Rezept für eine Selbstzerstörung.

Es steht also eine Menge auf dem Spiel, wenn die US-Amerikaner im November zur Wahl aufgerufen werden. Sollte Trump tatsächlich gewinnen - und in den Umfragen liegt er vorne - dann ist die Welt gelinde gesagt ganz am Arsch wenn sie vorher nur ziemlich am Arsch war. Man darf ja nicht vergessen, dass wir ja noch so was wie Erderwärmung und Klimakatastrophe haben. Wenn Trump ans Ruder kommt dann wird er nil dagegen machen. Und wenn man die Liste der 20 größten Industrienationen (und damit die größten Emmittenten von Klimagasen) der Reihe nach durchgeht: USA, China, Indien, Russland, Kanada (?), Italien, Brasilien, Australien, Saudi-Arabien, Niederlande, Türkei - da sind so viele dabei die dann niemals den radikalen, schmerzhaften Maßnahmen zustimmen würden die es braucht um selbst nur das Schlimmste zu verhindern. Man bräuchte ja "netto null" und der kümmerliche Rest der dann noch bleibt kann niemals so viel minus-Emissionen machen um das aufzufangen was die anderen rausblasen. Ganz zu schweigen davon dass man sich schon beim Versuch ruinieren würde. Gewinnt Trump, dann wird der Spuk auch nicht in vier Jahren vorbei sein, beim zweiten Versuch wird er seinen Putsch wohl nicht so stümperhaft organisieren. Die 1,5 Grad waren sowieso nicht zu schaffen, die 2°C sind dann eh illusorisch, es wird dann viel, viel schlimmer. Zumal einiges dafür spricht dass die "hot models" eher richtig liegen.

Und auch von der persönlichkeitspsychologischen Seite: es bedarf nicht allzuviel Vorstellungskraft für eine Zuordnung, welche Persönlichkeitstypen zu den Populisten zählen und welche die Freigeister und in die Zukunft denkenden Menschen sind die dann unter die Räder kommen. Alleine schon die Zahlen sagen, dass die NFs und NTs dann die Leidtragenden sind. Und wenn man die Muster erkannt hat dann sind das diejenigen die den Fortschritt angestoßen haben, egal ob in der Kunst oder in der Wissenschaft. Das das Prinzip leicht reproduzierbar immer gilt habe ich erst kürzlich (wieder) erfahren wo mich eine Gruppe zurückgewiesen hat weil meine Ideen in Richtung langfristigem Erfolg gingen, das aber nicht recht war weil diese angeblich schlecht für das momentane "Gefühl" seien. Mal abgesehen davon dass ich richtig über meine zugewiesene Rolle hinaus etwas bewegen wollte und das ihnen wohl einfach zu viel war. Schade, in dem Projekt hätte viel Potential dringesteckt und so werden die das nie auch nur annähernd ausschöpfen.

Wenn man Liberalismus und Pluralismus quasi abschafft, dann killt man damit auch diejenigen die die Welt überhaupt zu dem gemacht haben was sie ist. Das merken die Populisten aber erst wenn es schon viel zu spät ist.

Wie bescheuert und ich-bezogen deren Denkweise überhaupt ist kann man in den USA schon an deren Wahlspruch ableiten: "Make America Great Again". Nur dass niemand überhaupt sagen kann wann das überhaupt war, zu welchem America man zurück will. In den Hochzeiten des Kalten Kriegs waren die USA sicherlich auch auf dem Höhepunkt ihrer Macht, aber das ist wohl nicht "Great" genug. Wären wir in den 60er Jahren, dann würden längst US-Bodentruppen (heimlich) in der Ukraine eingesetzt um den Kommunistischen Einfluss zurückzudrängen und Material würde keine Rolle spielen. Und was macht MAGA? Blockiert alle Ukraine-Hilfen. Das ist nicht "Great", das ist jämmerlich und purer Egoismus weil man sich davon Unterstützung bei der nächsten Wahl verspricht.

Selbst wenn Biden gewinnt - das Land ist politisch-strukturell so kaputt und im Würgegriff der MAGA-Bewegung das sich auf absehbare Zeit nichts entscheidendes bewegen wird.

Das sind alles nur einzelne Fokuspunkte, aber daraus ergibt sich eben ein Muster. Im US-Englischen gibt es dafür auch eine schöne Redewendung: "slow-motion train wreck" - Eisenbahnunfall in Zeitlupe. Es ist alles in Bewegung und steuert auf die Katastrophe zu, aber aufgrund der Trägheit lässt es sich nicht mehr aufhalten. Und man ist dazu verdammt dabei hilflos zuzusehen.

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