Mir wird schlecht ...
... wenn ich am Wochenende die Zeitung aufschlage. Wenn man sich die deutsche Politik ansieht, dann würde ich am liebsten schreiend weglaufen. Um es mit einem Satz zusammenzufassen: Menschen die keine Ahnung haben wählen eine Regierung die genauso keine Ahnung hat. Und wie soll das dann bitteschön irgendwas werden?
Wenn wir die neueste Geschichte nehmen: Das Verbot von Öl- und Gasheizungen ab 2024. Und zwar generell, nicht nur in Neubauten. Hat sich das mal irgendwer überlegt wie das gehen soll? Viele alte Häuser mit konventioneller Heizung benutzen die guten alten Radiatoren, und dafür braucht man eine hohe Vorlauftemperatur - irgendwas zwischen 60 und 70 Grad. Wenn man Heizregister (Warmluftgebläse) hat, dann sogar noch mehr, was für viele Industriebauten zutreffen dürfte. Wenn Öl und Gas verboten sind dann bleiben aber praktisch nur noch Wärmepumpen, die funktionieren aber nur mit Fußbodenheizungen mit niedriger Temperatur. Müssen also alle Hausbesitzer deren Heizung den Geist aufgibt dann überall die Estriche rauskloppen und Fußbodenheizung installieren? Ein irrsinniger Aufwand, eine typisch politische Entscheidung die nicht richtig durchdacht wurde. Wenn der Focus-Kolumnist recht hat stammt die auch von einem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, der Politikwissenschaft studiert hat und von so was natürlich keine Ahnung hat.
Und als Sahnehäubchen obendrauf: Eine Wärmepumpe ist auch 2024 in Deutschland eine Braunkohlestrom-Wärmepumpe. Also so ziemlich das dreckigste. Denn dann wenn man heizen muss - im trüben Winterhalbjahr - sieht es mit dem schönen Ökostrom leider etwas mies aus. Grundsätzlich ist die Idee ja nicht schlecht, bei Neubauten eine bestimmte Energieeffizienz und Wärmepumpe vorzuschreiben macht ja Sinn und ist umsetzbar, aber so ...
Oder nehmen wir die Diskussion um E-Fuels. Die Gegenargumente sind tatsächlich nicht von der Hand zu weisen: Sehr große Verluste bei der Herstellung und Schadstoffe bei der Verbrennung. Aber hat schon mal irgendjemand darüber nachgedacht dass das eine Speichertechnologie wäre die tatsächlich umsetzbar wäre und funktioniert? Der Energieinhalt pro Gewicht und Raum von langkettigen Kohlenwasserstoffen ist eben sehr hoch und die Infrastruktur Millionen von Litern davon zu speichern existiert ja. Diese Prozesse könnte man tatsächlich in den Sommermonaten verstärkt laufen lassen wenn Solar- und Windstrom im Überschuss zur Verfügung steht und für späteren Gebrauch lagern. Sonst sieht das eher sehr düster aus - bei Wasserstoff ist einfach das Problem dass er entweder sehr viel Volumen einnimmt oder eben unter hohem Druck und tiefgekühlt werden muss und selbst dann nur einen Bruchteil des Energiegehalts von Benzin oder Diesel hat. Und Batterien sind einfach zu schwer - das mag ja sein dass man mit einem Windrad fünf mal mehr Elektroautos als Verbrenner betreiben könnte - aber wer sagt denn dass dann auch Strom da ist wenn ich die Batterie laden muss? Batterien sind einfach zu schwer als dass man sie so groß machen könnte dass man sie wochenlang nicht laden müsste. Und das berücksichtigt ja schon die enormen Verbesserungen bei der Batterietechnik. Ich bin schon etwas älter und Modellbauer, da konnte ich das verfolgen: vor 30 oder noch mehr Jahren waren elektrische Hubschrauber undenkbar - es sei denn der Bleiakku blieb am Boden. Mit Nickel-Cadmium-Zellen bekam man vielleicht zwei bis fünf Minuten heraus, erst mit den Lithium-Zellen kam man an die Flugzeiten von Verbrennungsmotoren heran und Methanol hat immer noch eine um eine Größenordnung höhere Energiedichte als die besten Akkus.
Politische Entscheidung ohne die praktischen Konsequenzen zu bedenken. Und die Leserbriefseiten sind auch noch voll mit unterstützenden Meinungen für diesen unrealistischen Quatsch.
Vielleicht sollte man in so einer Stimmung nicht auch noch solche Bücher lesen wie "How the World Really Works" von Vaclav Smil. Das Buch ist voll mit ... Zahlen. Und die sprechen eine eindeutige Sprache. Unsere globale Zivilisation hängt an vier Grundprodukten: Stahl, Zement, Plastik und Ammoniak. Deren Verbrauch steigt kontinuierlich an und lag 2019 bei 4,5 Milliarden Tonnen Zement, 1,8 Milliarden Tonnen Stahl, 370 Millionen Tonnen Plastik und 150 Millionen Tonnen Ammoniak. Letzteres mag vielleicht wundern - warum ist das Zeug so wichtig? - aber ohne Kunstdünger würde die Hälfte der Menschheit sofort verhungern.
Und für alle diese energie- beziehungsweise CO2-intensiven Produkte (25% des weltweiten CO2-Ausstoßes und 17% des Energieverbrauchs) gibt es keine Alternative, nicht einmal als Ideen.
Langfristig ist die Idee, dass Strom der wichtigste Energieträger der Zukunft ist ja richtig, die Entwicklung geht seit Jahrzehnten in die Richtung von effizienteren, einfacheren Energiequellen (steht auch im Buch). Man schaue nur auf die Eisenbahn: Waren es zuerst noch kohlegefeuerte Dampflokomotiven, so wurden die Hauptstrecken schon sehr früh elektrifiziert und auf den Nebenstrecken auf Diesel umgestellt. Und in Ländern wie der Schweiz die durch Wasserkraft einfach Strom erzeugen konnten ist praktisch das ganze Netz elektrifiziert.
Aber wann kapieren die Menschen endlich, dass man in Deutschland mit Wind- und Solarstrom alleine über das ganze Jahr gesehen keinen Blumentopf gewinnen kann? Es gibt keine Speicher mit denen man eine Großstadt selbst nur für ein paar Tage mit Strom versorgen könnte, geschweige denn einen langen Winter über. Das einzige erprobte Konzept sind Pumpspeicherkraftwerke und niemand redet davon diese jetzt großflächig zu bauen. Die Stadtwerke Trier haben so was zwar mal an der Mosel überlegt, der Plan scheint ja aber wieder in der Schublade verschwunden zu sein. Und selbst wenn - der Strom reicht bestenfalls für Stunden, keinesfalls Wochen oder Monate.
Wenn man die Fakten betrachtet - an Atomkraft führt einfach kein Weg vorbei wenn man Massenmorde im globalen Maßstab und von den reichen Ländern erzwungene Armut im globalen Süden als ethisch unnannehmbar stehen lässt. Nur scheint das niemand zu wissen oder einfach nicht wahrhaben zu wollen. Wenn man es sich nur richtig wünscht wird sich das 1,5-Grad-Ziel ja wohl erreichen lassen ... realitätsfremder geht es kaum.
Jeder der irgendwann mal ein Aufbauspiel gespielt hat weiß ja dass es darauf ankommt was man erforscht. Und hier hat die von den Wählern gesteuerte Politik völlig versagt so dass nicht einmal ein Konzept vorliegt wie eine sustainable Future überhaupt aussehen kann. Wenn, dann fließen (in Relation zu was es geht) nur Kleckerbeträge während in kurzfristigen Wahlgeschenken Millionen versenkt werden.
Und selbst wenn mal Geld locker gemacht wird - man denke an das Sondervermögen für die Bundeswehr - dann wird das noch nicht einmal richtig investiert, von den 100 Milliarden ist ja noch praktisch nichts ausgegeben.
Wenn das nicht alles so traurig wäre könnte man das als Lachnummer herhalten.
Genausowenig hat man einen Plan wie man mit der Alterspyramide umgehen will. Wenn man denn mal überhaupt einen Handwerker bekommt - eine Reihe deutscher Vorfahren hat da keiner mehr. Ich will das jetzt nicht im Migrationshintergrund festmachen, aber zumindest gefühlmäßig wird da dann auch immer mehr Murks gemacht. Und wir entwickeln uns da zu einer Zweiklassengesellschaft - die deutschstämmigen Schlipsträger im Homeoffice und die Zugewanderten für die Drecksarbeit. Nur das das so auch völliger Mist ist und niemand einen Plan hat wie man das in der Zukunft gestalten will. Und wenn man schon frontal in das Problem rennt dass es zu viel Arbeit für zu wenige Menschen gibt dann verkleinert man den Pool noch indem man eine immer größere Verwaltung obenauf setzt die Arbeitskräft abschöpft - und vor allem die "besseren" die sich die Hände nicht mehr schmutzig machen wollen.
Als Beispiel nehme man zum Beispiel den Unfall, wo an der A3 eine Betonplatte aus einer Lärmschutzwand gefallen ist und eine Autofahrerin getötet hat. Für eine Informationsgesellschaft ist es ja jämmerlich, dass man den offiziellen Bericht dazu nirgendwo findet, nur Zeitungsartikel die wiederum auf Presseinformationen beruhen. Wozu gibt es das Internet? Wenn Menschen mal wirklich etwas wissen wollen, dann sollte man ihnen auch die Möglichkeit geben sich richtig zu informieren und nicht nur vorgekaute Information zu verbreiten. Man kann mal nach "Goldsboro Incident" googeln, das war ein B52-Absturz wo eine Multimegatonnen-Wasserstoffbombe in einem Baum hing und sich die andere metertief in einen Sumpf gebohrt hat - und deren ausgegrabener Sicherungsschalter auf "ARM" stand. Den Untersuchungsbericht kann man finden, bis auf einige geschwärzte Details denn es ist verständlich dass man diesen nicht als DIY-Anleitung für "so baue ich mir eine H-Bombe in der Garage" nehmen darf. Aber Angebot und Nachfrage hängen ja wohl zusammen und wenn sich anscheinend niemand richtig informieren will dann besteht ja auch kein Grund solche Informationen zugänglich zu machen.
Jedenfalls waren das letzte Glied in der Ursachenkette die Monteure die die Platte befestigen wollten - und weil die vorhandenen Halterungen nicht gepasst haben wurde improvisiert und die zwei einzelnen Schweißpunkte an dem zusammengepfuschten Halter sind durchgerostet. Die Täter wurden wohl jetzt auch verurteilt, Sündenbock gefunden, fertig. In einer Zweiklassengesellschaft ist es immer gut wenn man eine Unterklasse hat die man als Sündenböcke nehmen kann.
Nur dass das völlig zu kurz gedacht ist: genauso Schuld hat die Bauaufsicht die nicht genau hingesehen hat - manchmal bleibt dir eben einfach nichts anderes übrig als sich danebenzustellen und zuzusehen wenn man den Monteuren nicht trauen kann und eine nachträgliche Kontrolle nicht möglich ist. Schuld hat genauso die Firma die die Trägerkonstruktion gebaut hat und die Halter so einbetoniert hat dass sie nicht zu den Platten gepasst haben. Und am Ende hat genauso Schuld auch der Schreibtischtäter der alles im Büro gezeichnet und konstruiert hat und nicht genug Justagemöglichkeit für eventuelle Differenzen beim Bau vorgesehen hat. Aber ich dürfte kaum falsch liegen wenn ich mal behaupte dass derjenige wohl nie selbst so eine Platte montiert hat.
Sollte ich irgendwann nochmal Küchen verkaufen und dafür Verkäufer einstellen - die würden mir kein Regalbord verkaufen wenn sie nicht vorher selbst für eine Zeit montiert haben. Damit sie nur das verkaufen was sich auch vernünftig montieren lässt.
Natürlich ist unsere Welt jetzt so komplex, dass niemand mehr alles wissen kann. Aber es ist immer noch möglich zumindest in Grundzügen zu wissen wie alles zusammenhängt. Nur dass das eben niemand macht, sich aber gleichzeitig niemand eingestehen will dass man eigentlich keine Ahnung hat und dann auch noch über Dinge entscheiden will die man gar nicht richtig beurteilen kann. Wer auch immer in Frankreich gegen die Rentenreform protestiert - es sollte niemand ein Recht haben sich über etwas aufzuregen was er nicht mal ansatzweise versteht. So sehr Dieter Nuhr bei mir unten durch ist - er hat den unsäglichen offenen Brief von Alice Schwarzer an den Bundeskanzler unterschrieben - mit dem Spruch: "wenn du keine Ahnung hast, einfach mal Fresse halten" hatte er zumindest recht.
Und bevor man mir mal wieder Größenwahn unterstellt: nein, ich weiß genug um zu wissen dass ich nichts weiß und echte Entscheidungen treffen zu müssen wenn man das zugrundeliegende Problem nicht wirklich verstanden hat ist so ziemlich das Übelste was es gibt. Aber das hindert sonst praktisch niemanden und als Krönung wird dann auch noch ständig versucht, die eigene Entscheidung die auf unvollständiger Information beruht auch noch gegen die anderer Menschen durchzudrücken. Und ich werde noch dazu gezwungen dabei zuzusehen wenn ich mir als Entscheidungsträger völlig in die Hosen machen würde aus Angst das Falsche zu tun. Aber die Angst scheint ja sehr selten zu sein ...
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