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Gleichnis vom verlorenen Sohn

So langsam wird es kompliziert - ich habe jetzt eine ganze Handvoll Blogartikel in der Mache. Dieser gehört thematisch zwar zu dem Nachruf, würde den Artikel aber sprengen der sowieso schon ein Konglomerat ist und es verdient seinen eigenen Artikel.

Das Evangelium bei der Trauerfeier war das Gleichnis vom Verlorenen Sohn, Lukas 15, Vers 11 bis 32. Und als der Pastor zuende war dachte ich mir nur --- hä? Da fehlt doch was? Zuhause habe ich das sofort nachgeschlagen und wirklich, Kapitel 15 und damit das Gleichnis ist an der Stelle zu Ende.

Die Kurzversion dieses Gleichnisses ist ja: Gutsbesitzer hat zwei Söhne, den jüngeren packt die Wanderlust, lässt sich das Erbe auszahlen und bringt es durch. Dann packt ihn in tiefster Not die Reue und er kommt reuig zurück und wird vom Vater wie ein Prinz empfangen. Der ältere Sohn fragt:

Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.

Der Vater antwortet dann nur sehr kryptisch: Alles was mein ist ist dein. Der Rest ist ja okay - dass der Bruder tot war und wieder lebendig geworden ist, aber da fehlt irgendwie etwas. Das einfachste wäre ja ein weiterer Satz:

Alles, was mein ist ist dein und nicht sein, was dein Bruder getan ist vergeben, nicht vergessen.

Ein weiteres großes Problemfeld ist die simple Tatsache, dass echte Reue heute ja praktisch nie vorkommt. Und das Gleichnis funktioniert ja nur deshalb weil der jüngere Bruder echte Reue zeigt: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich einem deiner Tagelöhner gleich! Aber wo gibt es das schon? Glaubt irgendwer, dass Donald Trump irgendwann bereuen wird dass er ständig gelogen hat? Anderen übel nachgeredet hat? Niemals. Oder Putin, dem hunderttausendfachen Massenmörder? Echte Reue ist so selten dass das Gleichnis dadurch praktisch entwertet wird.

Deshalb würde ich ja davon eine Version 2.0 verfassen. In dieser Version hat der Vater nicht zwei, sondern drei Söhne. Beide jüngeren Söhne lassen sich auszahlen und bringen es durch. Wie im Original bereut der mittlere Sohn und kehrt zurück und wird vom Vater empfangen, mit der Klarstellung dass der Dienst des Ältesten Sohnes gelohnt wird. Einmal Kalb für einmal echte Reue geht ja gerade noch. Und dann hört der dritte Sohn davon und kehrt zurück um die Gutmütigkeit des Vaters auszunutzen. Dieser durchschaut das aber und lässt den Lügner außen an das Tor nageln (wir sind schließlich in der Bibel). Dann könnte man noch so einen schönen Bibelsatz hinzufügen: "Denn dies ist nicht mein Sohn, mein Sohn war tot und ist nicht zurückgekehrt."

Alles andere gibt doch ethisch keinen Sinn. Das ist doch ein Freibrief zum Sündigen, wenn man nachher nur bereuen muss (was ja leicht ist wenn es einem Scheiße geht). Und dann kommt man zurück und wird besser behandelt als derjenige, der redlich war und sich abgeschuftet hat? Die Moral von dem Gleichnis kann ja sonst nur heißen: "Wer nicht sündigt und bereut ist selber schuld und verpasst den Spaß am Leben" Niemand wird dem Ältesten Sohn nacheifern wollen wo es nur harte Arbeit und keinen Lohn gibt. Und ohne den Ältesten Sohn wäre das Gut wahrscheinlich schon längst nicht mehr da und es gäbe nichts zu feiern wenn der Verlorene Sohn zurückkehrt.

Spricht ein ältester Sohn.

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