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Trauermusik

Der zweite Spin-Off von dem Nachruf: meine Erfahrungen aus der Trauermesse.

Das erste was offensichtlich ist - die krasse Diskrepanz in der katholischen Kirche. Die Kirche war voll, richtig voll - bis zur letzten Bank und mit Stehplätzen hinten. Dazu eine Messe mit allem Drum und Dran, inklusive Klingelbeutel und Weihrauch. Aber nur eine einzige Meßdienerin, die damit etwas überfordert war, so musste sie die Schellen auslassen weil sie ja noch mit dem Klingelbeutel unterwegs war. Und natürlich auch kein Lektor. Zu meiner Zeit gab es für so was sechs Meßdiener, dann konnten vier die Klingelbeutel machen während die anderen zwei die Gabenbereitung gemacht haben. Wenn ich mich richtig erinnern kann sind im Kleiderschrank in der Sakristei die Meßdienergewänder von Größe 1 bis 5 und es sind genug von den großen da. Was spricht dagegen, Erwachsene als Meßdiener zu nehmen und bei einer Trauerfeier nicht nur dabei zu sein, sondern auch mitzumachen? Ex-Meßdiener müsste es doch genug geben. Für mich war das eine Ehrensache, dass ich bei den Beerdigungen meiner Großeltern jeweils selbst die Orgel gespielt habe.

Und ob das so eine gute Idee ist, von wenig bekannten Liedern fünf bis sieben Strophen (!) singen zu lassen sei auch mal dahingestellt. Aber immerhin: auch wenn nur ein paar Leute kräftig gesungen haben musste der Organist die Mixtur dazunehmen, das hätte ich zu meiner Zeit als Organist gerne mal gehabt.

Und ich wage mal zu behaupten, dass ich für das musikalische Beiprogramm schönere Stücke genommen hätte. Ich weiß jetzt nicht wie weit es verbreitet ist aber Musik hat nun einmal einen ziemlich direkten Draht zu unseren Emotionen. Wenn man das will, dann kann man also ein emotionales Ereignis mit der richtigen Musik noch emotionaler machen. Wenn man beim Standard bleibt dann gibt es ja für die eigentliche Messe die Lieder aus dem Gotteslob, wobei ich in den Reihen nicht so sonderlich viele Gebetbücher gesehen habe, höchstens bei jedem Dritten oder so.

Dann gibt es noch die instrumentalen Orgelstücke - zumindest zwei (zur Kommunion als auch nach der Messe beim Abschied vom Verstorbenen), in diesem Fall inklusive der Gabenbereitung drei - und das dauert reichlich lange bis 250 Leute da durch sind. Nur kannte ich von den Stücken die gespielt wurden gar nichts, dabei gibt es so schöne Trauermusik: - ich habe da schon das Allegretto aus Beethovens siebenter Sinfonie im Trauermarschtempo gespielt oder den Trauermarsch von Chopin. Das Largo aus Dvoraks Neunter müsste auch wunderbar gehen und hat bestimmt einen Effekt auf die Menschen. Gerade Beethoven war da sehr produktiv, es gibt noch den Trauermarsch aus der 12. Klaviersonate (eng verwandt mit dem aus Leonore Prohaska WoO 96) und natürlich den aus der Eroica - den habe ich für mich nach der Messe gesummt. Nach einem Viertel der Leute war die Musik aus und ich habe für mich gedacht wo man da einen Groschen einwerfen muss damit es weitergeht.

Oder man macht es gleich ganz anders und bestellt sich eine Band und spielt Sachen wie With or Without You von U2. Wer dann da nicht gerührt ist hat ein Herz aus Stein ...

Es war für mich Anlass genug, mal nach klassischer und moderner Trauermusik zu suchen. Bekannt ist bei der Trauermärschen noch der von Wagner zu Siegfrieds Tod, auch wenn es persönlich so nicht mein Ding ist. Den von Mendelssohn hat die Queen bekommen (eigentlich praktisch alle Highlights aus dieser Liste). Dann gibt es noch einen von Verdi (aus Nabucco), Händel (Oratium Saul), Mahler (1. Sinfonie und 5. Sinfonie) und Grieg. Der von Liszt ist etwas komisch. Und bei den Requiems, also dem Äquivalent zu den Liedern die gesungen werden - natürlich das von Mozart auch wenn es nur halb fertig ist, aber mit dem Dies Irae und Lacrimosa zwei wirkliche Hits dabei. Das deutsche Requiem von Brahms - auch nicht so mein Ding, genauso wie Dvorak und Berlioz, auch wenn ich mir die im Detail noch mal anhören muss. Verdis Dies Irae ist bombastisch - quasi Rockmusik mit der Erfindung der Double Base Drum ein Jahrhundert vorher. Daraufhin habe ich mich darüber informiert und Verdi hat hier wirklich sein Meisterwerk abgeliefert, quasi "seine beste Oper". Und dann kommen wir so langsam dazu was ich sagen will.

Es mag zwar in der heutigen Zeit jede Menge Lieder (Songs) geben die Herzschmerz ausdrücken, aber so richtige Trauermusik scheint mir etwas dünn zu sein, das Einzige mir bekannte ist das Requiem von Carl Jenkis mit einem Jazz-Rock beinflussten Dies Irae. Wenn man aber sieht was die Klassiker so hergeben - und das ist ja gemessen an der Menge des klassischen Kanons auch sehr, sehr dünn - und ich ja ein Fan von Symphonic Metal bin - das wäre eine richtige Marktlücke: Ein Album, bestehend aus einer modernen Interpretation des Requiems zusammen mit dem Instrumentalteil, einer Meditation und einem Trauermarsch. Konkurrenz gibt es da praktisch nicht, es gibt von Therion eine Metalversion von Mozart und ein Black-Metal-Requiem, aber das war es auch schon.

Eine Idee für das Präludium hätte ich auch schon - eine richtig tiefe Glocke ähnlich wie bei Hells Bells von AC/DC. Das ist bei meinem Drum-Soundmodul auch so eine Lücke, es gibt alle mögliche Percussion, aber keine fette Glocke. Im Internet findet man auch nichts brauchbares - ich habe einen Schnipsel von der Petersglocke im Kölner Dom, aber nur im Dauergeläut mit abgeschnittenem Nachhall. Ich bräuchte ein Sample von einem Schlag und dann dem kompletten Ausklingen - die Gloriosa aus Erfurt wäre genial. Nur findet man so was nicht und es gibt auch wohl keine Chance so was zu bekommen. Geben wird es das schon, die Glocke wurde schon zweimal geschweißt und untersucht und dabei wird man den Klang auch analysiert haben, aber da ran zu kommen - wahrscheinlich unmöglich. Probieren werde ich es trotzdem mal beim Europäischen Kompetenzzentrum für Glocken an der Hochschule Kempten - das Ergebnis wird das Übliche sein, tippe ich mal.

Aber das ist halt auch so eine Kehrseite des heutigen Musikbuisiness - so was wird es nicht geben, weil das nicht Hitparadentauglich ist. Aber wenn man den Markt bedenkt - das Unvermeidliche ist halt Unvermeidlich. Aber wenn, dann wollen wir doch wenigstens gute Musik dafür haben.

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