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Auf dem Weg in den Faschismus

Vor ein paar Jahren war im P.M. Magazin ein Artikel über die sogenannten "Superforecaster", Menschen die eine erstaunliche Trefferquote dabei haben die Zukunft vorherzusagen. Natürlich nicht im Sinne von Wahrsagen, sondern die Beschreibung trifft ziemlich genau auf die INTJ-Charaktereigenschaften zu: Durch genaue Kenntnis sowohl der jetzigen Situation als auch vergangener Ereignisse zukünftige Entwicklungen vorhersagen zu können. Dadurch, dass sich die Menschen in den letzten 10.000 Jahren genetisch praktisch nicht verändert haben und neuer Geschichte überhaupt nicht kann man ziemlich gut einschätzen wie Menschen handeln wenn sie es früher in einer vergleichbaren Situation auch schon getan haben.

Genauso wie ich die Parallelen zwischen dem Ukraine-Krieg jetzt und der Endphase des ersten Weltkriegs gesehen habe, sind die Parallelen zwischen dem heutigen Zustand in den USA und dem Weg Deutschlands in die Dikatur der NSDAP auch nicht zu übersehen. Nebenbei bemerkt bin ich so froh dass ich nach meinen katastrophalen Ergebnissen mit Schulenglisch inzwischen fließend Englisch kann, eben dank einem ganzen Kindle voll englischsprachiger Fantasybücher und Youtube. Die Informationen in den deutschsprachigen Medien sind einfach sehr viel dünner gesät.

In einem Youtube-Video hat ein Mitglied der Clinton-Administration festgestellt, dass sich nicht seine Position geändert hätte, sondern vor allem die Republikanische Partei sich extrem nach rechts verschoben hat. In den Kommentaren hat jemand anderes geschrieben der sich aktuell als "links" sieht, dass nach einem Fragebogen seine Position eigentlich die eines Eisenhower-Republikaners ist. Die Definition von Faschismus ist etwas schwammig, "Massenpartei entschlossener militanter Nationalisten, die mit traditionellen Eliten zusammenarbeitet und demokratische Freiheiten abschafft" trifft es aber ganz gut. Und die USA bewegen sich eindeutig in die Richtung. Die Situation ist möglicherweise sogar noch ernster als in den 30er Jahren, in der Endphase der Weimarer Republik musste Hitler ja als Führer der größten Partei das Reichskanzleramt erst vom Reichspräsidenten angetragen werden. Bei der Reichstagswahl 1932 war die NSDAP zwar stärkste Partei, mit 37,3% selbst zusammen mit den Deutschnationalen aber von einer Mehrheit entfernt. Hätte es damals in Deutschland das in den USA geltende Mehrheitswahlrecht gegeben (der jeweils stärkste Kandidat gewinnt das Mandat), dann wäre Hitler vom deutschen Volk in das Amt gewählt worden.

In den USA sind die von den militanten Nationalisten übernommenen Republikaner auf diesem Weg sowohl auf Bundesstaats- als auch auf nationaler Ebene weiträumig an die Macht gekommen, obwohl sie genauso nach Anzahl der Gesamtstimmen keine Mehrheit hätten. Und hat man die Macht erstmal, dann lässt sie sich unter Missbrauch der demokratischen Instrumente auch zementieren. Es werden scharenweise Menschen von der Wahl abgehalten indem ihnen der Zugang erschwert wird - gibt es viele demokratisch wählende Briefwähler in einem Wahlbezirk werden zum Beispiel die Briefkästen abgehängt. Dann werden die Wahlbezirke so zugeschnitten, dass man das Mehrheitswahlsystem dazu benutzt mit den wenigsten Stimmen die meisten Mandate zu holen.

Das geht sogar so weit wie jetzt in Wisconsin, wo der Republikanische Gouverneur abgewählt wurde. Der nach wie vor Republikanisch dominierte Senat hat zuerst dem Gouverneur Rechte entzogen. Jetzt gibt es den Fall, wo das Mandat eines Ausschussvorsitzenden abgelaufen ist, der Mann weigert sich aber sein Amt niederzulegen. Der Senat verhindert die Bestätigung seines Nachfolgers (wie damals Obamas Kandidat für den Supreme Court) und der Gerichtshof erklärt das auch noch für rechtmäßig. Das ist schon starker Tobak für die Demokratie.

Genauso wie jetzt der Supreme Court, dessen Republikanische Mehrheit von 6 : 3 durch fünf Richter zustandekommt die von Präsidenten ernannt wurden die nur wegen des Wahlmännersystems an die Macht gekommen sind und auf das gesamte Land gesehen weniger Stimmen als ihre Gegenkandidaten hatten: George H.W. Bush und Donald Trump. Und diese Mehrheit arbeitet jetzt rücksichtslos an der Demontage demokratischer Freiheiten, wie eben dem Zugang zur Wahl, Waffenbesitz für die militanten Kämpfer des Systems, Beschränkung von Frauen- und Minderheitenrechte und so weiter und so weiter. Jetzt wurden schon die Rechtsakte einer Bundesbehörde aufgehoben weil nicht alle Verwaltungsvorschriften vom Senat bestätigt seien.

Wenn der Gerichtshof ja wenigstens konsistent in seinen Entscheidungen wäre: Da die Gründerväter Abtreibungen nicht vorhergesehen haben, können diese nicht per Verfassung selbst in medizinischen Notfällen, bei Vergewaltigungen oder Inzest (Kindesmissbrauch!) geschützt werden. Nur bei dem Recht auf Waffenbesitz spielt die Situation der Gründerväter keine Rolle, aus deren Perspektive würde sich das Recht auf Waffenbesitz auf Musketen, Vorderladerpistolen und Säbel beschränken, die damals verfügbaren Waffen. Ich stelle mir das so schön vor wie eine Schulschießerei aussehen würde wenn der Schütze wie ein Pirat mit einer Muskete und zwei Vorderladerpistolen im Gürtel ankäme. Die einfachste Gegenmaßnahme wäre ja den Feueralarm und die Sprinkleranlage auszulösen, dann wird das Pulver nass und zündet nicht mehr. Oder der Schütze muss seinen Opfern sagen: "Könnt ihr bitte vor Angst erstarren, damit ich nachladen kann?" Das Recht auf Sturmgewehre ist genausowenig historisch verankert wie das Recht auf Abtreibung.

Und noch eine Parallele: genauso wie 1933 wird das System von unzufriedenen weißen Männern unterdurchschnittlichen Einkommens getragen, unterstützt von der Großindustrie (dafür war Göring zuständig). Und selbst den Hitler-Putschversuch mit dem Marsch auf die Feldherrnhalle gab es ja am 6. Januar 2021 schon - der Sturm auf das Kapitol war nichts anderes als ein schlussendlich gescheiterter Putschversuch Trumps. Ein historisch orientierter Gerichtshof (und die Begründung des Abtreibungsurteils reicht bis zurück ins alter England) müsste dann ja die damals übliche Strafe für Hochverrat anwenden: Hängen, ausweiden und vierteilen. Anders als in England wurde die Todesstrafe in den USA ja nicht abgeschafft.

Weitreichende Propaganda mit populistischem Material wurde ja auch von den Nationalsozialisten perfektioniert und selbst der Selbstinszenierungsstil von Trump auf seinen Kundgebungen ist mit dem Hitlers vergleichbar, nur dass früher eben Hakenkreuze geschwenkt wurden und jetzt sind es die "Trump"-Schilder. Und was früher die Wochenschau war ist heute Fox.

Deshalb ist das kein weiter Schritt vorauszusehen dass sich die USA auf dem rutschigen Abhang befinden der ins Verderben führt. Demokratisch lässt es sich schon fast nicht mehr aufhalten, der Senat wird von den Republikanern kontrolliert und dort ist ja entscheidend wer die meisten Bundesstaaten kontrolliert, unabhängig von der Bevölkerungszahl. Dann gibt es den Filibuster, dass man zur Durchsetzung von Vorhaben ja nicht nur 51, sondern 60 Stimmen benötigen würde. Für eine Verfassungsreform bekommt man erst recht keine Mehrheit und es wäre nicht die erste Wahl die vom Supreme Court passend gebogen wird: 2000 hat dieser die Nachzählung in Florida gestoppt und es blieb die hauchdünne Mehrheit von 537 Stimmen. Da aber vorwiegend demokratisch wählende ältere Leute ihre Lochkarten nicht vollständig gestanzt hatten wäre diese Mehrheit wohl durch die Nachzählungen verloren gegangen. Die Legende von der "gestohlenen Wahl" ist also sogar richtig, nur wurde diese Wahl nicht Trump, sondern schon Al Gore gestohlen, der sowieso bundesweit mehr Stimmen bekommen hat als Bush junior.

Bei der Wahl 2020 gab es ja einen ähnlichen Effekt dass Trump in den entscheidenen Staaten zuerst vorne lag weil er seine Anhänger ja aufgerufen hat in den Wahllokalen zu wählen während hingegen die Biden-Anhänger vorwiegend Briefwahl gemacht haben deren Stimmen länger zur Auszählung benötigen. Wenn man jetzt die lokalen Regierungen und den obersten Gerichtshof beherrscht dann ist es einfach, entweder die Auszählungen beim passenden Stand zu stoppen oder die Wahlmänner passend austauscht. Seit 2020 haben die Republikaner schon die entsprechenden Schritte unternommen um die Leute zu entfernen die damals in Pennsylvania und anderen Staaten standhaft gegen Trumps Anrufe die Demokratie verteidigt haben. Selbst Mike Pence hat erst im letzten Moment klargemacht dass er das Wahlergebnis wie gegeben zertifiziert.

Die neuesten Umfragen zeigen auch schon das erschreckende Bild dass - je nach politischer Orientierung - bis zu 38% der Wähler glauben, im Folge der nächsten Wahlen zur Waffe greifen zu müssen.

Es ist auf jeden Fall sehr besorgniserregend und ich sehe keinen Weg wie sich das noch verhindern ließe, einen Erdrutschsieg der Demokraten wird es nicht geben. Deshalb ist diese Faschismusdefinition auch ganz brauchbar, denn Trump und seine Anhänger haben sich ja der etablierten Republikanischen Partei bedient und der schon ausgeführte erste Schritt war es ja, in bester NSDAP-Manier die Partei gleichzuschalten - es gibt schlichtweg keine Abweichler mehr und selbst wenn es sie gibt - wie Liz Cheney die als einziges Republikanisches Mitglied in der Untersuchungskommission zum 6. Januar sitzt - dann werden diese bei den nächsten Vorwahlen ausgebootet.


Weil ich im Kommentar keine Links posten kann, meine Antwort auf den Kommentar von John Doe hier. Ich lasse den Kommentar einfach mal so stehen auch wenn es ein anonymer Troll ist, wir haben hier schließlich keine Zensur:

Dieser Kommentar zeigt wunderbar das Problem der mangelnden Toleranz: Die eine Seite will der anderen Ihre (Moral-)Vorstellungen aufzwingen. Die andere Seite will das aber nicht, diese will ja nur für sich selbst die Entscheidungsfreiheit. Der liberalen Seite ist es egal ob eine zwölfjährige das Kind ihres Stiefvaters bekommt oder nicht. Es wird ja niemand zur Abtreibung gezwungen. Ich kenne nur den Fall "Karin Weißenfels" wo die Frau die von einem Priester mißbraucht worden ist von der Kirche zur Abtreibung gezwungen wurde ... (!!!)

Und anders als im Fall des Waffenrechts, wo eine Liberalisierung ja mit einer Gefahr für die Allgemeinheit einhergeht, geht ja von Frauen die eine Abtreibungsklinik aufsuchen oder zuhause die "Pille danach" schlucken keine Gefahr für die Allgemeinheit aus.

Und so einsam bin ich nicht. Meine Meinung deckt sich weitgehend mit der von MSNBC-Kommentator Lawrence O'Donnell:

Lawrence: America's Future Is On The Ballot In Pennsylvania

Lawrence: Gov. Hochul Condemned SCOTUS Ruling Against NY Gun Law

Lawrence: The Texas Coverup Is Collapsing

Lawrence: Never Forget The GOP Presidents Who Overturned Roe

Lawrence: GOP Position Is Kids Have To Die Because The Constitution Says So

Lawrence: Alito's Draft Opinion Quotes A Man Who Believed In Witches

Und neu entdeckt habe ich Robert Reich, Professor an der UC Berkeley:

How Republicans Pass Unpopular Bills

The Supreme Court's War on the People

Politics are Polarized, But Not for the Reason You Think

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Kommentare

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Johannes Doh am :

Jetzt hast du dir mit deiner versuchten Abtreibungspropaganda deine freikirchliche Followerin auch noch vergrault. Schreib dich nur weiter um Kopf und Kragen und stirb einsam. Leuten vor den Kopf stossen kannst du ja immerhin. Intelligenz hat eben zum Glück nichts mit Klugheit zu tun.

Übrigen schön dass du dich mit Robotern unterhältst und ihnen mitteilst dass sie kein Mensch sind, wenn ein Kommentar wegen irgendeiner verquer definierten Regelverletzung nicht angenommen wird. Das macht wirklich mächtig Eindruck.

Stephan Brunker am :

Hallo John Doe - im Gegensatz zu mir hattest Du wohl nicht den Mumm, deinen Klarnamen und deine Mailadresse anzugeben.

Punkt Eins: Spambots sind nun einmal Realität und ich habe genau drei Möglichkeiten dagegen vorzugehen: Entweder moderiere ich alle Kommentare und werde deswegen angefeindet. Oder ich lasse Kommentare überhaupt nicht zu. Oder eben der dritte Weg: Man kann Kommentare nur dann posten wenn man seit dem Laden der Seite genügend Zeit damit verbracht hat den Artikel zu lesen und seinen Text zu schreiben. Anscheinend kann man es niemandem recht machen.

Den Rest des Kommentars habe ich als Postscript in den Artikel geschrieben, das funktionierte besser mit den Links.

Anonymer Troll am :

Entscheidung für sich selbst... keine Gefahr für die Allgemeinheit... mit dieser verqueren Argumentation können auch Leute ihre im eigenen Haus lebenden "postvitalen Zellgewebe" (derzeit noch "Eltern" genannt) in Stücke schneiden, nach dem Motto "Mein Haus gehört mir!", denn damit treffen sie auch nur (nach der zukünftigen Definition) eine Entscheidung für sich selbst, Zellgewebe zählt ja nicht, und gefährden auch nicht die Allgemeinheit.

Stephan Brunker am :

Hallo Troll,
ich hätte da einen super Tipp, nachdem Du Deine Vorstellung was Mord ist ja weltweit durchsetzen willst: Besorg' Dir ein Zelt und richte ein Protestcamp in Berlin auf der Reichstagswiese ein. Deiner Meinung nach muss ja der §218 StGB ja auch dringend geändert werden. Damit erreichst Du mehr als mit Deinen Kommentaren in einem Blog den keiner liest ...

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